So funktioniert Fankultur auf Social Media

So funktioniert Fankultur auf Social Media

Wie TikTok und Co. das Fan-Sein verändern

Mit TikTok und Instagram wird Fankultur immer digitaler. Wie das das Fansein verändert, erzählt TikTok-Creator und Pop-Fan Ally.


Wenn sich das Fan-Sein ins Netz verlagert

Ally ist seit über zehn Jahren großer Fan von Popmusik, also Künstlerinnen wie Ariana Grande, Taylor Swift und vielen weiteren. Regelmäßig postet er auf TikTok Content über das Fan-Sein und Konzerte, die er besucht. Anfangs waren es nur kurze Konzertclips, irgendwann hat er dann immer mehr um alles drum herum berichtet und gepostet und mittlerweile hat er sich damit seine eigene Community aufgebaut. Im Interview erzählt er, wie sich Fankultur aus seiner Sicht durch Social Media verändert hat, ob positiv oder negativ und spricht über Themen, die Fans aktuell beschäftigen. Das geht von Konzertvlogs und neuen Songs bis hin zur Konzert-Etikette, immer teureren Konzertticketpreisen, der Post Concert Depression oder nervigen Klischees über Fans.
"Also es gibt viel mehr Leute, die einfach daran teilhaben und das merkt man manchmal natürlich auch dann so im Diskurs." - Ally
@allyymaus Someone Pinch me! 🥹🥹 Eras Tour Vlog Gelsenkirchen N1 🤩🫶🏻 #allyymaus #erastourgelsenkirchen #taylorswiftgelsenkirchen #erastourgermany #erastour ♬ Originalton - Allyymaus 🤠
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Fan zu sein ist attraktiv

Früher gab es Fanclubs, in denen man sich mit anderen Fans austauschen konnte. Vielleicht hat man Brieffreundschaften mit Gleichgesinnten gepflegt. Im besten Falle hatte man Freund*innen, die ebenfalls Fans von denselben Bands oder Artists waren. Ansonsten war man als Fan aber meist allein. Durch Social Media hat sich das ganz schön verändert. Aus Fanclubs sind große Communities geworden, die auf Apps wie TikTok, Instagram oder X verteilt sind und auf denen sich Fans der ganzen Welt miteinander vernetzen. Fans kommen viel schneller mit anderen Fans in Kontakt und das Thema Fankultur erfährt auch viel mehr Aufmerksamkeit. So ähnlich sieht das auch Ally. 
"Also ich habe auf jeden Fall das Gefühl, dass es sehr viel größer geworden ist. [...] Es gibt halt viel mehr Meinungen natürlich auch. Ein Phänomen von Social Media ist, dass halt die Leute mit reingezogen werden. Also dass es sehr attraktiv aussieht, Fan zu sein." - Ally


Gleichzeitig hat Social Media aber auch negativen Einfluss auf Fankultur

Wer steht in der ersten Reihe beim Konzert? Wer geht zu den meisten Shows einer Tour? Wer kennt mehr Songs in- und auswendig? Was man früher nicht so oft mitbekommen hat, wird online viel eher sichtbar. Auch Ally hat das Gefühl, dass durch Social Media manchmal auch ein gewisser Konkurrenzdruck unter Fans herrscht. 
"Das ist auch was, was mich tatsächlich stört, so dieses 'wer ist der bessere Fan et cetera', da müssen keine Abstriche gemacht werden finde ich. [...] Prinzipiell diese Abstufung - bin ich kein Fan von." - Ally


Fans werden immer noch nicht ernst genommen

Wovon er und viele andere Fans auch keine Fans von sind: Den Klischees. Fans sind alle hysterische Teenies, meistens Mädchen, die nur kreischen und ihre Idole am liebsten heiraten würden. Klischees zu Fans gibt es genug. Am schlimmsten findet Ally, dass Fans oft als unreflektiert abgestempelt werden. Als würden sie alles gutheißen, was ihr*e Lieblingskünstler*in tut oder sofort unbedacht alles kaufen.
"Und es gibt Leute, die tun das und ja, also man kann ja nicht so tun, als ob diese parasozialen Beziehungen nicht bestehen, man kann auch nicht so tun, als ob das keine Marketing-Schiene ist, aber es sind halt nicht alle Fans ein Opfer davon. [...] Und ich glaube das stört mich am meisten, dass Leute halt denken, dass wir nicht darüber nachdenken, was wir tun und einfach nur blind folgen, weil ich glaube, das tun wirklich nur wenige Leute." - Ally


Mehr zum Thema parasoziale Beziehungen findest du hier.


Zur Verdeutlichung hilft ein Vergleich: Musikfans vs. Fußballfans.

Wer als Hobby regelmäßig zu Fußballspielen ins Stadion geht und auch mal eine Träne vergießt, wenn der Lieblingsverein ein Tor schießt, wird nicht so oft schief angeschaut wie Musikfans, die zu mehreren Shows derselben Künstler*innen gehen und bei ihren Lieblingssongs auch mal weinen. Vor allem, wenn man Fan von Popmusik ist, die genauso mit Klischees behaftet ist und von vielen belächelt wird. Das merkt auch Ally immer wieder.
"Aber ich würd halt niemals zurückfragen: 'Hat sich denn das Fußballticket gelohnt?' oder 'Hat sich denn das neue Auto gelohnt?' oder sowas alles und ich find halt, dass man öfter mal auch nicht wirklich ernst genommen wird, das stört mich tatsächlich auch und ich glaub das hat aber viel damit zu tun, wovon man Fan ist."

@allyymaus wird das mein erster shitstorm, nö oder? #allyymaus #fansein #fan #konzerte #taylorswift #arianagrande #billieeilish #dualipa #rant #stört #nervig ♬ Originalton - Allyymaus 🤠

Als Fan auch kritisch bleiben

Nicht nur wegen der Klischees, auch weil auf Social Media manches toller aussieht als es eigentlich ist, versucht Ally immer wieder über das Fansein aufzuklären. Sei es Dinge zu nennen, die ihn in Fandoms nerven, kritisch auf die Massen an Merchandise zu schauen oder auch mal von negativen Konzertereignissen zu erzählen. 
"Wenn ich zum Beispiel auch immer über Konzerte erzähle, dann erzähl ich auch gerne mal jetzt letztens zum Beispiel einfach so neuneinhalb Minuten darüber, was alles schief lief und was nicht so cool war, um auch so manchmal ein bisschen diese Illusion wegzunehmen 'ah ok der stand in der vierten Reihe das Video sieht super aus was er in der Instastory hat'." - Ally


"Konzert-Etikette ist tot"

Kurze Konzertclips von ganz vorne sehen zwar beeindruckend aus, vermitteln aber vielleicht nicht die gesamte Situation. Ally spricht zum Beispiel auch immer wieder über die Konzert-Etikette, also wie sich Leute auf Konzerten benehmen. Laut ihm und laut vielen anderen Fans, die ebenfalls Videos zu diesem Thema posten, wird die Konzert-Etikette nämlich immer schlechter. Und das ist sogar noch untertrieben.
"Also ich hab mal so ein Video dazu gemacht, das habe ich angefangen mit 'Konzert-Etikette ist tot.' und ich sehe das tatsächlich immer noch so. Also ich habe jetzt letztens ein ganz schlimmes Beispiel gehabt, da war ich bei Shirin David, das war von vorne bis hinten tatsächlich blöd, weil in inneren Räumen wird geraucht, gevaped [...] und bei bei Nina Chuba werden Kinder bis nach ganz vorne durchgezogen, was auch nicht funktioniert, die Leute sind irgendwie teilweise wirklich unfreundlich zueinander." - Ally


Wie wird sich Fankultur weiterentwickeln?

Von offline Fanclubs zu Fandoms auf Social Media: Wie und wo werden sich Fans in Zukunft aufhalten und wie wird sich Fankultur weiterentwickeln? Allys Theorie ist, dass alles noch größer wird. Wie groß, hat man ja schon bei der Eras Tour von Taylor Swift gesehen, die Ally als einen der Höhepunkte von Fankultur bezeichnet. Vor einem hat er allerdings auch etwas Angst:
"Ich hoffe natürlich nur, dass sich das dann nur gruppiert und nicht spaltet, das ist so ein bisschen manchmal eine Sorge, die ich habe, aber ich glaube eigentlich, dass es ungefähr so weitergeht wie jetzt, nur mit verschiedenen Nuancen, die noch ein bisschen stärker austreten." - Ally


Trotz dieser Sorge merkt man Ally seine Leidenschaft als Fan aber einfach sofort an.

Ob er in seinen TikToks von neuen Songs schwärmt, über sein letztes Konzert berichtet oder von seinem bisherigen Highlight erzählt: Eine Einladung zur Premiere von Wicked nach London. Im Beisein von Ariana Grande, Cynthia Erivo und Jonathan Bailey. Ally zeigt, wie viel Spaß es macht Fan zu sein und dass diese ganzen Klischees dann doch oft unberechtigt sind.
"Das ist immer noch unfassbar krass darüber zu reden, aber da hatte ich wirklich das große Glück, dass ich da hin durfte. Das war so ein Event nur mit Einladung und ich hab's irgendwie da hin geschafft, weil ich halt 70, 80 Videos darüber gepostet habe, dass ich da hin möchte und ich wurde erhört. [...] Das war schon das Krasseste auf jeden Fall!" - Ally

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